Einladung zum Elternabend

Bild: Pixabay

“Die Treppe hoch, dann rechts!”, hatte meine Tochter Anna mir den Weg zu ihrem Klassenraum beschrieben. Annas Lehrerin hatte zu einem Elternabend eingeladen. Das Los, ihn zu besuchen, hatte diesmal mich erwischt. [mehr…]

Die Tür zu Annas Klassenraum stand offen. Es waren schon etliche Eltern anwesend, seltsamerweise nur Mütter, die mich anstarrten, als hätten sie noch nie einen Vater gesehen, der zum Elternabend seiner Tochter kommt. Ich setzte mich in die erste Reihe. Hinter mir wurde getuschelt und gelacht. Amüsierten sich die Damen etwa über mich? Was ist lächerlich an einem Vater, der zum Elternabend seiner Tochter kommt?
"Entschuldigen Sie", sprach mich schließlich eine Mutter an. "Sind Sie sicher, dass Sie hier richtig sind?"
"Ich denke schon", hörte ich mich etwas unwirsch sagen und zog die Einladung aus der Tasche. "Elternabend der 3a!"

Über das Gesicht der Frau huschte ein Lächeln.
"Ihr Elternabend ist zwei Türen weiter!", grienste sie. "Hier findet jetzt ein Wellness-Kurs für Frauen statt, 'Kreatives Schminken' ist heute unser Thema."
Es gibt Momente, da hofft man sehnlichst, der Boden täte sich auf und verschluckte einen unverzüglich. Der Boden blieb geschlossen, ich haspelte eine Entschuldigung und stürzte aus dem Raum.

In der 3a hatte der Elternabend längst begonnen.
"Guten Abend!", stotterte ich, als ich die Klasse betrat. "Tut mir Leid, ich bin zu spät..."
Annas Lehrerin lächelte nachsichtig. "Schön, dass Sie noch kommen, Herr..."
"Hallmann. Ich bin der Vater von Anna."
Verdunkelte sich das Gesicht der Lehrerin, als ich Annas Namen nannte? Gab es etwas, das ich wissen sollte?
Annas Lehrerin machte dort weiter, wo ich sie gerade gestört hatte: "Im Rahmen unserer Projektwoche haben Ihre Kinder mit Ihnen über Ihre Berufe gesprochen."

Ich erinnerte mich noch gut an das Gespräch.
"Papa, was arbeitest du?", hatte mich Anna neulich gefragt.
Ich hatte ihr erklärt, dass ich technische Handbücher verfasse. "Über Maschinen, Baufahrzeuge, Computer und so!" - "Handbücher?", hatte Anna nachgehakt. Ich hatte ihr eines meiner Werke gezeigt. Anna hatte den schmucklosen Wälzer durchgeblättert und ihn mir enttäuscht zurückgegeben.
"Und solche Bücher machst du?", hatte sie gefragt.
"Ja", hatte ich erwidert, "solche Bücher mache ich!"

"Wer von Ihnen hätte Zeit", holte mich Annas Lehrerin aus meinen Gedanken zurück, "vor der Klasse etwas über den eigenen Beruf zu erzählen?"
Nur ein einziger Arm erhob sich - meiner.
"Ja, bitte, Herr Hallmann?"
"Ich könnte einen kurzen Vortrag halten."
Die Lehrerin stockte. Ihr Lächeln gefror. "Nett von Ihnen", kleidete sie ihre Ablehnung in höfliche Worte. "Aber ich weiß nicht, ob Ihr Beruf die Kinder interessiert. Wir sollten das nachher unter vier Augen besprechen!"
"Nachher unter vier Augen?", gab ich verdutzt zurück. "Nein, das können wir auch jetzt sofort besprechen!"
"Wenn Sie unbedingt wollen!", seufzte die Lehrerin. "Also, ich glaube nicht, dass sich Ihr Beruf für einen Vortrag eignet. Den Kindern fehlt da doch noch jedes Wissen. Und wetten dürfen Sie bei Ihnen auch noch nicht!"
"Wetten?", wiederholte ich irritiert. "Ich bin technischer Autor! Ich schreibe Handbücher für technische Geräte!"
Die Lehrerin wurde bleich. "Tut mir Leid", murmelte sie.
"Dass ich Handbücher schreibe?"
"Nein, nein", sagte sie rasch. "Aber wenn Sie mal schauen wollen." Sie reichte mir einen der Zettel von ihrem Pult. Ich erkannte Annas Handschrift und las, was sie unter "Beruf der Eltern" eingetragen hatte: Bei Beruf
der Mutter stand "Arzthelferin", Beruf des Vaters: "Buchmacher".

Weitere Texte zum Schmunzeln von Alfred Krüger gibt es unter Lizenz zum Schmunzeln.

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