Woher kommt die Schultüte?

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Warum schenken wir den ABC-Schützen an ihrem ersten Schultag eigentlich eine Schul- oder Zuckertüte? Hier erfährst Du alle Hintergründe. [mehr…]

Der Tag der Einschulung...! An diesen besonderen Moment können sich die meisten von uns noch lange erinnern. Auch ich weiß noch genau, wie stolz ich war endlich in die Schule zu kommen. Der sichtbare Beweis für alle war meine Schultüte, denn so konnte jeder sehen, dass ich nun endlich ein richtiges Schulkind war.
Mein jüngerer Bruder hatte bei seiner Einschulung ein paar Jahre später eine etwas andere Stimmung, denn so richtig Lust auf die Schule hatte er damals wohl nicht. Für ihn war die Schultüte also eher ein Trostpflaster und eine Motivation, weil er nun in die Schule musste.

Bild: swk / kindergaudi.de

Und so haben wir in meiner Familie bereits die beiden Hauptgründe für die Schultüten kennengelernt. Für die einen ist sie ein Trost, das nun der Ernst des Lebens beginnt, für die anderen ein sichtbares Zeichen, dass sie nun endlich "groß" sind und in die Schule dürfen. Sicher hat jeder von uns eine emotionale Erinnerung an den ersten Schultag und die Schultüte war vermutlich ein wichtiger Teil davon - zumindest, wenn Ihr in Deutschland eingeschult wurdet, denn der Brauch der Schultüten ist vor allem in Deutschland bekannt. Warum das so ist, erzähle ich Euch in diesem Artikel.

Erinnert Ihr Euch noch an Eure Schultüte? Bei einigen ist es vielleicht noch gar nicht so lange her. Schreibt uns doch mal in die Kommentare, wie Eure Erinnerungen sind, wie Eure Schultüten aussahen. Meine z.B. war weinrot und glänzend und auf der Vorderseite sah man zwei Kinder in einem Klassenzimmer, die von einem grünen Rahmen umgeben waren. Ja, so richtig schön 70er Jahre. An den Inhalt der Schultüte kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern.

Woher kommt eigentlich der Brauch der Schultüte? Welche Formen hat sie üblicherweise? Und warum eigentlich kennt außerhalb Deutschlands kaum jemand diesen schönen Brauch? Ich habe mich für Euch auf die Spuren der ersten Zuckertüten gemacht und die Antworten auf diese und einige andere Fragen zusammen getragen...

Ursprünge

Alte Postkarte zur Einschulung

Die genaue Herkunft des Brauchs am ersten Schultag dem Kind eine Schultüte zu geben, liegt irgendwo im Dunkeln der Geschichte. Bereits vor 2000 Jahren schenkten die Römer ihren Kindern Honigplätzchen zum Schulstart und versüßten damit den kleinen ABC-Schützen den Start in einen wichtigen Lebensabschnitt.
Der erste Schultag war schon immer ein wichtiges Ereignis im Leben eines Kindes. Nicht umsonst wird noch heute im Sprachgebrauch die Formulierung verwendet, dass nun der Ernst des Lebens für das Kind beginnt.

In Deutschland betrachten wir seit dem Mittelalter den Tag der Einschulung als wichtiges Ereignis im Leben unserer Kinder. Damals gab es kleine Geschenke für die Kinder, z.B. Kuchenbrezeln und Nützliches für die Schule. Zum einen zeigten diese Geschenk, dass aus dem Kleinkind ein Schulkind geworden war. Zum anderen sollten die Geschenke das Kind trösten, dass nun ein geregelter und strengerer Lebensabschnitt begonnen hatte.

Die ersten Zuckertüten

Im Jahre 1810 begannen  die Menschen in Sachsen ihren Kindern Zuckertüten zum ersten Schultag zu schenken. Diese Tüten waren aus braunen Packpapier und enthielten viele Süßigkeiten. Die erste gesicherte Erwähnung der Schultüte gibt es für das Jahr 1817 aus Jena. Es folgten 1820 Dresden und 1836 Leipzig. Damals wurde in den Schulen extra Bäume für die Schultüten aufgestellt, an denen die Tüten mit dem süßen Inhalt hingen, die der Schulrektor dann an die Kinder verteilte.

Bild 2: Pixabay

Die Geschichte von den Zuckertüten griff Moritz Heger 1853 in seinem Kinderbuch "Zuckertütenbuch für alle Kinder, die zum ersten Mal zur Schule gehen" auf.  In dem Buch erzählt er, dass im Keller jeder Schule ein Zuckertütenbaum steht. An diesem wachsen die Zuckertüten. Sind sie groß genug, müssen die Kinder zur Schule gehen. Die Veröffentlichung dieses Buches trug wohl maßgeblich zur Verbreitung der Zuckertüten in Deutschland bei.

Der Siegeszug der Schultüte

Die Schultütentradition wurde in Deutschland zunächst nur vom Bürgertum in den Städten gepflegt. Auf dem Land bekamen die Kinder weiterhin eine Kuchenbrezel. Vor allem im Westen Deutschlands gab es noch recht lange die Brezelbäume, bei denen die Brezeln mit bunten Bändern an die Bäumen festgebunden wurden.

Nach dem in Preußen für Kinder von 6 bis 14 Jahren die allgemeine Schulpflicht im Jahr 1870 eingeführt worden war (1919 wurde diese in der Weimarer Verfassung fixiert), stieg der Bedarf und die Bedeutung der Schultüte schnell an und war nicht mehr aufzuhalten. Carl A. Nestler aus dem erzgebirgischen Wiesa erkannte dies und produzierte ab 1910 Schultüten fabrikmäßig, bis heute.

1928 veröffentlichte Albert Sixtus sein Kinderbuch "Der Zuckertütenbaum". Dort heißt es an einer Stelle "Nach dem Christfest kam der Ruprecht müd ins Zwergenland. Eine große Wunderzwiebel trug er in der Hand. 'Pflanzt sie, pflegt sie“, sprach der Alte, „wenn ich lieg im Traum, dann wächst lustig unser neuer Zuckertütenbaum!' "

Als es den Menschen nach dem Krieg langsam wieder wirtschaftlich besser ging, verbreitete sich der Brauch der Schultüte immer weiter. Spätestens seit Mitte der 1960er Jahre sind die Schultüten bei den Schulanfänger, die man liebevoll auch i-Dötzchen nennt, nicht mehr weg zu denken.

Die moderne Schultüte

Auch heutzutage soll die Schultüte immer noch ein sichtbares und mit Stolz getragenes Zeichen des Schulanfängers sein, das einen neuen Lebensabschnitt kennzeichnet und auch heute noch dient sie als ein "Trostpflaster", dass nun der Ernst des Lebens beginnt.

Bild 3: Pixabay

Die Form der Schultüte ist bis heute im Prinzip gleich geblieben, im Westen Deutschlands wird der Spitzkegel bevorzugt, im Osten bevorzugen die Menschen eine sechseckige Form. Die Größe der Zuckertüten liegt zwischen 70 cm und 85 cm. Die heutigen Schultüten bestehen allerdings nicht mehr aus langweiligem Packpapier. Ganz im Gegenteil, je bunter um so beliebter. Es gibt sie mit Rittermotiven, mit Delfinen, mit Einhörnern, mit berühmten Figuren aus Film oder Buch. Entscheidend ist das Lieblingsthema des kleinen Besitzers. Kleinere Tüten gibt es heutzutage auch für Geschwisterkinder oder den ersten Kindergartentag.

Schultüten können heutzutage als Komplettpaket mit Ranzen gekauft werden. Es gibt Anbieter, die auch spezielle Wünsche erfüllen und ganz persönliche Tüten anbieten. Die schönste Variante ist aber sicher immer noch die selbst gebastelte Schultüte, die bis heute vielerorts von Eltern als Überraschung für den ersten Schultag vorbereitet wird.

Der Inhalt der Schultüte hat sich im Laufe der Zeit sehr gewandelt, denn nicht mehr Süßigkeiten stehen im Vordergrund, sondern kleine Geschenke, z.B. nützliche Dinge für die Schule (Stifte, Radiergummi, Schlüsselanhänger, Lupen, Mäppchen etc.), Taschenlampen, Bücher (z.B. Der Ernst des Lebens) und vieles andere mehr. Falls Ihr noch Ideen für das Befüllen der Schultüte braucht, schaut Euch mal unsere Liste unter Was kommt in die Schultüte an. Dort gibt es Schultüten-Ideen aufgeteilt in nützlich, lustig und zum Naschen.

Interessanterweise ist der Brauch der Schultüte vor allem im deutschsprachigen Raum bekannt. Allerdings  wird er z.B. in den USA von deutschen Auswanderern gepflegt, dort heißt die Schultüte gift cone oder auch school cone.

Meine persönliche Schultüten-Erfahrung

Zu Zeiten meiner Einschulung wäre meine Mutter im Traum nicht darauf gekommen, mir eine Tüte zu basteln. Es gab schließlich eine große Auswahl industriell hergestellter Tüten. Als mein ältester Sohn eingeschult wurde, veranstaltete sein Kindergarten über mehrere Wochen Abende für die Eltern zum gemeinsamen Schultüten basteln.
Als mein ältester Sohn in die Schule kam, ging auch ich zu diesen Veranstaltungen und werkelte an einer Tabaluga-Tüte. Letztendlich musste ich innerhalb von zwei Tagen die komplette Tüte zu Hause noch eimal alleine basteln, da mir bei all dem netten Gequatsche mit anderen Eltern reihenweise Fehler unterlaufen waren. Am schlimmsten war der falsch geschriebene Name meines Sohnes. Naja, wenn man sich nicht konzentriert... 

Meine Tochter wurde in den USA eingeschult und sie bestand natürlich auch auf einer Schultüte, die sie ja noch von ihrem großen Bruder her kannte. Und wieder saß ich da, diesmal von Anfang an alleine zu Hause und konstruierte eine Tinker Bell-Tüte. Meine Tochter war der Star am Tag der Einschulung, wie Ihr Euch denken könnt, denn so etwas hatten ihre amerikanischen Klassenkameraden noch nie gesehen.

Zurück in Deutschland wurde mein Jüngster eingeschult. In seinem Kindergaren bastelten die Vorschulkinder als Vorbereitung zur Schule ihre Tüten selbst. Am letzten Kindergarten-Tag wurden diese ausgestellt und den Kindern zum Abschluss übergeben. Mein Sohn war mit seiner Tüte nicht zufrieden und wollte eine von mir gebastelte haben. Den Floh hatten ihm wohl seine Geschwister ins Ohr gesetzt und so bastelte ich zum dritten mal eine Schultüte, das Thema diesmal eine Ritterburg.

Auch wenn es natürlich etwas mehr Arbeit war, die Schultüten selbst zu basteln, mir hat es jedes Mal sehr viel Freude gemacht, mich kreativ bei den Schultüten einzubringen. Die strahlenden Augen meiner Kinder waren dann ein schöner Dank.

Schultüte
Bild 4: Pixabay

Bildnachweis:
Bild 1: Bild von Gundula Vogel auf Pixabay, Public Domain-ähnlich
Bild 2: Bild von Skyler H. auf Pixabay, Public Domain-ähnlich
Bild 3: Bild von MINTiKi auf Pixabay, Public Domain-ähnlich
Bild 4: Bild von Annette auf Pixabay, Public Domain-ähnlich

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